Ich will – na und?

Über Kontrollverlust, Hilflosigkeit und die eigene Kraft.

Solange ich denken kann, gab es immer eine Gewinnformel für mich: akkurate Planung.

Tage, Wochen, Monate, to dos alles hatte sein Kästchen. Mit einer Portion stolz habe ich am Jahresende dann auf meine Kalender und Listen geschaut und mir gedacht: „Wow, was Du wieder alles geschafft hast!“

Und dann kommt so eine Krise und plötzlich ist jede Planung sinnlos. Absolut unmöglich. Der Flieger nach Wien? Keine Ahnung, wann der wieder geht. Ein Arzttermin wird fällig. Doch wann wird es wieder möglich sein, zum Arzt zu gehen?  Vieles von dem was sonst so sicher und selbstverständlich ist, stellt sich jetzt in Frage. Doch meine Stressoren sind immer noch Luxus Probleme im Vergleich. Hunderttausende Menschen haben ihren Job verloren. Andere bangen, ob sie nächsten Monat noch ihren Arbeitsplatz haben werden.  Manche wiederum quält die Ungewissheit, was denn die ökonomische Krise, die der Corona Welle folgen wird, mit ihrem Leben machen wird. Wird genug Geld da sein, um den Kredit für das Haus abzuzahlen? Werde ich mir die Privatschule für meine Kinder noch leisten können? Die Liste ist lang, die ich hier erstellen könnte. Ich lass es einfach.

Was passiert, wenn die Kontrolle verloren geht?

Eines ist sicher: Der Verstand hat noch nie über die Emotion gesiegt.

Völlig zu Recht versuchen wir unseren Alltag im Griff zu haben. Wir möchten selbst bestimmen, wie wir unsere Zeit und unsere Kraft einteilen. Ohne die Kontrolle darüber was wir tun und was mit uns passiert wären wir der Natur, den Mitmenschen hilflos ausgeliefert. Es gibt einen schönen Begriff die „Selbstwirksamkeit“. Am besten beschreibt ein simpler Satz diesen Fachausdruck: „Das krieg ich hin!“ Es ist die Überzeugung, schwierige Situationen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können. Vor allem durch positive Erfahrungen, haben wir gelernt, dass wir über die Kraft verfügen auch in Herausforderungen stark zu sein und sie für uns zu entscheiden. Ok, also immer wieder raus aus der Komfortzone, eh klar! Doch darum geht es jetzt gerade nicht.

Auf der Suche nach mehr Info, finde ich eine Definition: „Kontrolle zu haben, bedeutet, dass es einen erkennbaren und vorhersehbaren Zusammenhang zwischen dem eigenen Handeln und den daraus folgenden Konsequenzen gibt.“ Ok, das fehlt ja momentan völlig.

Verlieren wir diese Kontrolle, dann löst das eine ganze Kakophonie an unterschiedlichen Emotionen aus: Angst, Wut und Widerstand das geht weiter bis hin zur Frustration und schließlich zur Resignation. Doch soweit muss es nicht kommen!

Wenn ich wieder mal das Gefühl habe, alles zerfließt zwischen meinen Händen, dann suche ich mir gerne die Bücher von Martin Seligmann raus. Der US-amerikanische Psychologe gibt klare Anregungen, wie wir den Optimismus im Leben, die positive Lebenseinstellung wieder zurückgewinnen können.

Ich mag zum Beispiel seinen „Genussspaziergang“. Raus gehen, ab in die Natur, muss gar nicht weit sein. Und dann halte ich einen Moment inne und richte meine Aufmerksamkeit auf die schönen Dinge, die mir  „über den Weg laufen“.  Ich schau in die Baumwipfel oder bleib einfach einen Moment stehen und bewundere den Himmel. Sogar einen tiefen Atemzug erlaub ich mir.

Und dann kommt die Kommunikation ins Spiel!

Wohl das Wichtigste ist, seine eigene Emotion auch benennen zu können! Wie fühle ich mich eigentlich? Was ist diese Emotion genau? Ist es Traurigkeit, es ist Wut, ist es eine Art von Phlegma? Je genauer Sie Ihre Emotionen benennen können, desto besser können Sie auch mit diesem Gefühl arbeiten.

Sprich drüber!

Vielleicht mit jemandem, der dir richtig gut zuhört – mit dir selbst!

Nein, nicht lachen! Tatsächlich hilft das Selbstgespräch dabei, Probleme zu lösen. Die amerikanische Psychologin Dolores Albarracin konnte feststellen, dass das Selbstgespräch eines der wichtigsten Werkzeuge ist, um das eigene Verhalten zu steuern. Im Selbstgespräch bauen wir es Stress ab, es mindert die Aggressivität und hilft Probleme zu lösen.

Am Anfang fühlt es sich echt komisch an. Es muss auch nicht gleich ein langer Monolog sein, nur ein paar Minuten, damit Du hören kannst, was Du eigentlich fühlst und denkst.

Vielleicht helfen folgende Fragen, damit Du leichter ins Loslabern kommst:

  • Wovor fürchte ich mich eigentlich?
  • Was passiert, wenn es nicht so läuft, wie ich es will?
  • Welche unerwartete Chance könnte durch diese momentane Unsicherheit, durch diese Veränderung, die wir alle intensiv erleben in meinem eigenen Leben entstehen?

Sprich in einem Ton mit Dir, den Du bei jemandem anderen (den Du magst 😉) auch anwenden würdest.

Selbstgespräche sind ein perfektes Ventil für starke Gefühle. Wer mit sich spricht, merkt sich Dinge besser und strukturiert seine Gedanken und bekommt zumindest die Kontrolle darüber zurück.

Ich bin gespannt, welche Antworten Du Dir gibst!